30.01.2024 / SKM diskursiv

Politische Interessensvertretung - Die Platzierung der eigenen Positionen

Das „Primat der Politik“ ist nicht nur politikwissenschaftliche Theorie, sondern gelebte Realität. Regeln bestimmen unser Miteinander – auch im wirtschaftlichen Umfeld. Umso wichtiger ist es daher für die eigenen geschäfts- oder organisationsrelevanten Interessen, alle wichtigen regulatorischen Prozesse im Blick zu haben und schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Dazu gehört auch, die eigenen Positionen aktiv im gesellschaftlichen Diskurs zu platzieren und im politischen Willensbildungsprozess zu vertreten. Unser Public Affairs-Experte Gregor Schreiber hat uns im Interview verraten, warum er das Agenda-Setting aus seiner Sicht als einen wichtigen Bestandteil des Geschäftsmodells für Unternehmen und andere Organisationen betrachtet und was es dabei zu beachten gilt.

Lieber Gregor, was bedeutet es konkret, seine Themen & Positionen im politischen Raum zu platzieren und wie kann eine Organisation davon profitieren?

In unserer pluralistischen Gesellschaft wäre es geradezu fahrlässig, seine geschäfts- oder organisationsrelevanten Interessen nicht aktiv im politischen Willensbildungsprozess einzubringen und zu vertreten. Was dies im Einzelfall heißt und wie es konkret umgesetzt wird, hängt natürlich vom jeweiligen Kontext ab.

Im ersten Schritt empfehlen wir unseren Mandanten, eine Analyse und Risiko-Chancen-Abwägung und darauf aufbauend eine Strategie zu entwickeln. Hier zeigt sich dann auch sehr konkret, welchen positiven oder negativen Einfluss ein Gesetzesvorhaben auf das Unternehmen oder die Organisation haben könnte – oft können das tiefgreifende Game Changer sein. Die Maßnahmen, die dann daraus abgeleitet werden, reichen vom klassischen Positionspapier über das Stakeholder Engagement bis hin zur politischen Kampagne und der Digital PA – hier ist der „Werkzeugkasten“ vielseitig.

 

Wie identifiziere ich die richtigen politischen Stakeholder und welche Möglichkeiten gibt es, um von ihnen wahrgenommen zu werden?

Hier sollte systematisch vorgegangen werden: Am Anfang steht das Stakeholder Mapping, also die Analyse der jeweiligen Politikfelder und ihrer relevanten Akteure. Das beinhaltet, die Positionen der Stakeholder zu den Themen (Issues) der Mandanten herauszuarbeiten. Wichtig ist an der Stelle auch, schon frühzeitig mögliche Allianzpartner für seine Ziele zu identifizieren und diese wo möglich einzubinden. Es gibt hier mittlerweile eine Reihe professioneller Monitoring Tools, welche die Arbeit unterstützen. Aber die Bewertung muss am Ende natürlich immer durch die Beraterinnen und Berater erfolgen. 

Wie die Wahrnehmung bzw. Aufmerksamkeit der Stakeholder dann für die Themen erfolgt, hängt von der erarbeiteten Strategie ab. Wir sprechen hier vom Stakeholder Engagement – hier gibt es eine Reihe von Formaten, die man einsetzen kann – vom klassischen persönlichen Gespräch über Events bis hin zum Social-Media-Posting oder dem Gastbeitrag in einem Medium.

 

Welche Fehler werden oft begangen, wenn Organisationen ihre Positionen wirksam platzieren wollen?

Einer der häufigsten Fehler ist, dass zu spät gehandelt wird. Leider oft erst dann, wenn der politische Prozess schon weit fortgeschritten ist und eine Einflussnahme schwierig wird.

Haben Organisationen kein professionelles Monitoring aufgesetzt, können sie oft nicht geschäftsrelevante Themen vom Gesetzgebungsprozess berührt werden. Daher ist es wichtig, schon frühzeitig ein sogenanntes Issue Management zu betreiben - d.h. geschäftsrelevante Themen im politischen Diskurs zu identifizieren und dann ein fortlaufendes Monitoring aufzusetzen.

Dieser Prozess muss frühzeitig durch ein aktives Stakeholder Engagement begleitet werden. Das Netzwerk zu relevanten Akteuren muss langfristig aufgebaut und gepflegt werden. Einen Kontakt erst zu initiieren, wenn ein konkretes Vorhaben schon fortgeschritten ist, ist meist nicht erfolgsversprechend.

 

Kannst du uns einen Ausblick geben, inwiefern sich das Agenda-Setting unter der Ampelregierung verändert hat? Haben sich die Arbeitsweise und die Ansprüche verändert und ergeben sich dadurch neue Bedingungen für erfolgreiche Vorhaben?

Wir sehen bei den drei Ampel-Parteien natürlich ganz unterschiedliche grundsätzliche Haltungen bei wichtigen gesellschaftlichen Themen – sei es in der Finanz- oder Wirtschaftspolitik oder auch in der Sozial- und Umweltpolitik. Insofern kommt es bei der Ansprache darauf an, sich in die jeweilige Perspektive des Gegenübers zu versetzen. Hier ist es wichtig, auch einen Perspektivwechsel zuzulassen und sich intensiv mit den Argumenten der „vermeintlichen Gegenseite“ auseinanderzusetzen – und diese auch wirklich ernst zu nehmen als Teil des pluralistischen Diskurses. Denn am Ende geht es auch darum, dass die Position des Mandaten anschlussfähig ist beim jeweiligen Gesprächspartner.

 

Eine erfolgreiche Interessensvertretung hilft Organisationen, ihre geschäfts- und organisationsrelevanten Interessen aktiv im politischen Willensbildungsprozess zu vertreten. Dabei kommt es immer auf den individuellen Fokus an – und dennoch sollte nicht der Fehler begangen werden, zu spät zu handeln. Ist der politische Prozess bereits zu weit fortgeschritten, erschwert das die Einflussnahme enorm. Daher sollten bereits frühzeitig diverse Maßnahmen ergriffen werden – der Werkzeugkasten der Public Affairs bietet genügend Tools für eine aktive Teilnahme am Diskurs und damit auch einer aktiven Platzierung der eigenen Themen.

Sie wollen Ihre Themen im politischen Diskurs platzieren?

Sprechen Sie mich an!